Die Gastvorlesung fand im Rahmen des Seminars „Wiedersehen im Himmel? Der Himmel in Theologie und Liturgie“ von Prof. Dr. Stephan Wahle und Prof. Dr. Christian Stoll statt.
Mit dem Wort „Himmel“ verbinden Christen den Glauben an ein letztes Ziel des Lebens. Theologie, Kunst und Liturgie haben versucht, Antworten darauf zu geben, wie eine „Theologie des Himmels“ aussehen könnte. Doch was ist mit Tieren, Pflanzen und der unbelebten Natur? Gibt es auch für sie ein letztes Aufgehobensein bei Gott? Und wie kann man sich dieses Aufgehobensein vorstellen?
Diesen Fragen ging Professor Lang in seinem Vortrag nach. Mit einem Kupferstich im Stil von Hieronimus Bosch verdeutlichte Professor Lang die Darstellung des Himmels in einer sich die Balance haltenden zweigeteilten Form. Im Paradies leben die Menschen in einer freudigen Gemeinschaft mit Engeln und Heiligen in einem Garten. Darüber befindet sich in einer Art Palast mit vielen Räumen, durch ein Wolkenband den Blicken entzogen, Gott im Himmel. Wird Gott hier noch durch die Figur eines alten Mannes dargestellt, weicht diese figürliche Darstellung bis heute einem abstrakten Gottesbild. Als Beispiel diente Professor Lang der Katechismus aus den 1950er Jahren, der die Ewigkeit als Gemeinschaft von Mensch, Flora und Fauna in einem abgeschlossenen Paradies darstellt, die von einem Strahlenkranz für das Göttliche im Himmel umgeben ist.
Als kritische Gegenpositionen führte Professor Lang „Theozentriker“, „Thomisten“ oder „Minimalisten“ an, deren „Theologie des Himmels“ von der Beschränkung des Himmelskonzepts auf Gott und einem Verzicht auf das Paradies über die Vorstellung des Himmels als großem Kristallkörper ohne Flora, Fauna und Menschen bis hin zur Entmythologisierungsdebatte der 1950er Jahre reichte, die den Himmel als abstraktes Ergebnis eines universellen, endgültigen Transformationsprozesses verstand. Professor Lang plädierte zum Abschluss dafür, die Darstellungen des Himmels über die Jahrhunderte für die weiteren Forschungen fruchtbar zu machen, da diese Bilderwelt zum Christentum dazu gehöre und eine Theologie des Himmels für Christinnen und Christen wichtig sei. Das 19. und 20. Jahrhundert habe leider nichts genuin eigenes Bildliches außerhalb der Abstraktion dazu geschaffen.
In der nachfolgenden Diskussion wurde lebhaft über die Gleichsetzung des in Genesis beschriebenen Paradieses mit dem Himmel für die Menschen ebenso diskutiert wie über die Frage der Langeweile in einem Paradies als Ewigkeit, die schon die Kirchenväter beschäftigt habe. Interessant war der Einwurf einer Teilnehmerin, dass mit einer Tiertheologie einige große Fragen in der systematischen Theologie völlig neu diskutiert werden müssten.
Prof. Dr. Bernhard Lang war von 1985 bis zu seiner Emeritierung 2011 Professor für Altes Testament an der Universität Paderborn. Seine Forschungsschwerpunkte sind Bibelwissenschaft, bes. Religions- und Kulturgeschichte des Alten Testaments; Kulturgeschichte des Christentums mit den Schwerpunkten Jenseitsglaube (Himmel, Hölle) und Gottesdienst sowie allgemeine Religionswissenschaft.