Ökumene in der Migrationsgesellschaft

Vom 10. bis 12. Juni 2014 fanden die Ökumenischen Studientage des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik Paderborn zum Thema „Ökumene in der Migrationsgesellschaft“. statt.

Referentinnen und Referenten unterschiedlicher Konfessionen reflektierten in ihren Vorträgen jeweils die Frage nach Einheit und Vielfalt. Chancen sowie Herausforderungen der verschiedenen Formen des Christentums wurden mit den Teilnehmenden diskutiert.

Als besonders aussagekräftig wurde die Zahl der in Deutschland lebenden Christinnen und Christen mit einem sogenannten Migrationshintergrund identifiziert: Von den rund 20,8 Millionen Menschen mit einem sogenannten Migrationshintergrund verstehen sich mehr als die Hälfte (55%), also knapp 11 Millionen, als Christinnen und Christen. Und dennoch sind Migrationskirchen in der Theologie ein Randthema. In der Frage der ökumenischen Beziehungen ist ein Mentalitätswandel nötig, der zugewanderte Christinnen und Christen als Geschwister erkennen lässt, darüber waren sich die Teilnehmenden einig.

„Migration verändert die kirchliche Landschaft – das gilt sowohl geschichtlich als auch im Blick auf unsere Gegenwart“, formulierte es Prof. Dr. Gregor Etzelmüller von der Universität Osnabrück in seinem Impulsvortrag. Doch trotz dieses offensichtlichen Faktums seien christliche Migrantinnen und Migranten eine in Deutschland oft übersehene Größe. Prof. Etzelmüller erläuterte verschiedene Gründe für dieses Phänomen. Neben Alltagsrassismus sei die strukturelle Unsichtbarkeit von Migrationskirchen eine der Ursachen für die geringe Wahrnehmung.

Dr. Cornelia Dockter-Verscharen, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn, sah eine Lösung dieses Phänomens darin, dass gegenwärtige Migrationsphänomen als „Zeichen der Zeit“ zu betrachten und machte den Gedanken der Einheit in Diversität stark.

„In unserer Politik wurden bisher orientalisch-christliche Minderheiten viel zu wenig beachtet und auch in unseren Integrationsbewegungen vernachlässigt, resümierte Dr. Martina Aras, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Theologischen Fakultät Paderborn: „Es fehlt das Bemühen im Blick auf geflüchtete orientalische Christinnen und Christen.“ Das Problem von Minderheiten sei ihre doppelte Unsichtbarkeit, verdeutlichte sie ihre Aussage. Einerseits versuchten Menschen einer Minderheit selbst so wenig wie möglich aufzufallen und andererseits würden sie unsichtbar gemacht. „Wenn wir nicht an bestimmte orientalische christliche Traditionen wie beispielsweise der Syrischen erinnern, dann existieren sie nicht, auch nicht im christlichen Umfeld oder der Theologie als Wissenschaft“, ist sich die Theologin sicher.

Es wurde insgesamt deutlich, dass Migrationskirchen in einem intersektionalen Kontext betrachtet werden müssen, der auch Dynamiken von Rassismus, geschlechterspezifischer Gewalt und ethnischer Marginalisierung umfasst. Die entscheidende Frage für die Zukunft der Ökumene in der Migrationsgesellschaft laute „Wo wollen wir zusammen hin?“

Abgerundet wurden die Ökumenischen Studientage mit einem Kunst- und Kulturprogramm in der Theologischen Fakultät Paderborn: Kunstschaffende aus orientalischen Kirchen präsentieren dort ihre Werke noch bis zum 12. Juli 2024 und der junge Theologe, Philosoph und Autor Senthuran Varatharajah las aus seinem Debütroman „Vor der Zunahme der Zeichen“.

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