3. Forum Wirtschaftsethik „Verdrängt die ökologische Frage die soziale Frage in Unternehmen?“

Die Welt schützen für uns!

Das 3. Forum Wirtschaftsethik, veranstaltet im Rahmen der seit 2013 bestehenden Kooperation Wirtschaftsethik von Prof. Dr. René Fahr, Vizepräsident für Wissens- und Technologietransfer an der Universität Paderborn, und Prof. Dr. Günter Wilhelms, Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre der Theologischen Fakultät Paderborn, beschäftigte sich mit der Frage „Verdrängt die ökologische Frage die soziale Frage in Unternehmen?“ Moderiert von Julia Ures diskutierten sechs Expertinnen und Experten lebhaft mit dem Publikum. Klar wurde, dass die beiden Fragen nicht getrennt voneinander zu betrachten sind, sondern ergänzt um die ökonomische Frage. Die dafür notwendige Datenbasis in Form von Nachhaltigkeitsberichterstattung, reguliert auf nationaler und europäischer Ebene, habe zwar viele Wahrnehmungs- und Denkprozesse in Unternehmen und Institutionen angestoßen, dürfe aber nicht in Bürokratismus ausarten oder seinen eigentlichen Zweck aus dem Fokus verlieren. Einig waren sich die Teilnehmenden auch darin, dass die Diskussion der ökonomischen, sozialen und ökologischen Fragen nicht primär um Wege der Zielerreichung geführt werden könne, sondern sich zunächst um die Werte, die das Handeln jedes Einzelnen, aller Institutionen und Unternehmen sowie Gesellschaften der Länder der Welt bestimmen, drehen solle. Im Mittelpunkt müsse das Ziel stehen, die Welt für uns alle zu schützen und dafür auch zu Verzicht und höheren Kosten bereit zu sein. Bildung und Information aller Akteure, vom Einzelnen über Unternehmen und Institutionen bis zu Gesellschaften, müsse an der Lebenswirklichkeit orientiert sein und dazu befähigen, gegen die Option resilient zu werden, grundlegende Werte zu missachten, um eigene Vorteile und schnelle Gewinne mitzunehmen. Klar wurde aber auch, dass die wichtige Frage nach den primär Verantwortlichen in diesem Prozess nicht beantwortet werden konnte.

Zu Beginn des Forums begrüßte Prof. Dr. Aaron Langenfeld, Rektor der Theologischen Fakultät Paderborn, die Gäste im Auditorium Maximum der Fakultät und dankte den Veranstaltern für die Möglichkeit, im Rahmen des Forums zu einem tieferen Verständnis der komplexen Zusammenhänge zu gelangen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die sowohl die ökologische als auch die sozialen Belange berücksichtigen. Sabine Kramm, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Paderborn, dankte im Namen der Stadt dafür, dass dieses Forum keine einfachen Antworten auf schwierige Fragen finden wolle, sondern die Menschen der Stadtgesellschaft einlädt, Expertinnen und Experten zuzuhören und erst dann miteinander zu diskutieren und gemeinsam Antworten zu finden. Sie forderte die Anwesenden auf, die Ergebnisse an den Arbeitsplatz, in die Familien, die Freundes- und Bekanntenkreise mitzunehmen und dort in die Diskussion einzubringen.

In den einführenden Kurzreferaten stellte Dr. Helge Wulsdorf, Leiter Nachhaltige Geldanlagen bei der Bank für Kirche und Caritas eG, die zahlreichen Formen der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor, die die Politik auf nationaler und europäischer Ebene vorgibt. Als Problemfeld identifizierte er die Inkonsistenz der Regulationen und den Mangel an Gestaltungsspielraum. Frederike Häusler, Referentin Nachhaltigkeit an der Universität Paderborn, wies auf die Schwierigkeit hin, soziale Nachhaltigkeit überhaupt in einem Datenkorsett abzubilden und vergleichbar zu machen. Sie stellte die Frage, ob wir das Klima eigentlich vor uns oder für uns schützen. Die soziale Frage sei damit auch immer eine ökologische Frage. Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ, Professor em. für christliche Gesellschaftsethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen und ehemaliger Leiter des Nell-Breuning-Instituts, verwies auf die Umwelt-Enzyklika Laudato si von Papst Franziskus und dessen vehemente Kritik an den Wirtschaftssystemen sowie auf die Veränderungen in der Arbeitswelt, in der die Wahrung von Wohlstand und Wachstum gegen die Ablehnung von Arbeit als Lebensinhalt stünde. Für Prof. Dr. Andreas Suchanek, Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der HHL Leipzig Graduate School of Management, beantworten Unternehmen die sozialen und ökologischen Fragen immer aus dem ökonomischen Blickwinkel. Verantwortungsvolles Unternehmertum respektiere die legitimen Erwartungen der Stakeholder nicht blind, sondern erfülle sie vernünftig nach der Maxime „Do not harm!“, was bedeute, nicht so zu wirtschaften, dass man unberechtigte Verletzungen anderer Akteure zur Erfüllung der eigenen Ziele in Kauf nimmt.

In der nachfolgenden Podiumsdiskussion, moderiert von Julia Ures, kamen die vier Referierenden mit Mark Edler, Vice President Global Environment, Health & Safety bei Weidmüller Interface GmbH & Co.KG, und Stefan Wisbereit, Parents for Future Paderborn, und dem Publikum ins Gespräch. Mark Edler wies auf den hohen Druck der Datengenerierung hin, der die eigentlichen Transformationsprozess in den Unternehmen eher hemmt. Stefan Wisbereit forderte, das Banken Unternehmen nicht nur monetär, sondern auch im Hinblick auf den Umgang mit Mitarbeitenden und Kunden bewerten sollten, also gemeinwohlorientiert. Fragen aus dem Publikum reichten vom Umgang mit autokratischen Systemen über den Einfluss des kritischen Konsums bis zum Freiheitsbegriff.