
Denkerinnen und Denker des Glaubens, die uns heute etwas zu sagen haben
Zur Tradition der christlichen Theologie gehört seit jeher die Überzeugung, dass „fides et ratio“, Glaube und Denken wesentlich miteinander verbunden, ja aufeinander angewiesen sind. Nach einem alten Axiom („fides quaerens intellectum“) ist der Glaube ein Akt, der nach Einsicht durch den Intellekt strebt. Je gefestigter der Glaube sein soll, umso mehr braucht er das Denken des Menschen. Wo Theologie und Kirche den Glauben als eine Sache vermitteln, die Menschen emotionalisierend vereinnahmen will und die sich gegen ihr eigenständiges kritisches Denken richtet, erscheint er schnell nichtssagend. Wo mit dem Glauben irrational umgegangen wird, entzieht man ihn der rationalen Einsicht der Menschen. Von einem Glauben hingegen, der ihr eigenständiges Denken in Anspruch nimmt, lassen sich Menschen heute durchaus etwas sagen; solchen Glauben brauchen sie zur Orientierung ihres Lebens.
Die Theologie muss den Menschen dienen, indem sie zum eigenen Denken des Glaubens befähigt und ermutigt. Die Theologische Fakultät Paderborn will mit ihrer Montagsakademie im Wintersemester 2021/22 dazu beitragen. Sie präsentiert „Denkerinnen und Denker des Glaubens, die uns heute etwas zu sagen haben“. Zur Darstellung kommen Personen, die sich durch bestimmte Inhalte oder durch eine bestimmte Art der rationalen Reflexion des christlichen Glaubens ausgezeichnet haben – zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Denkwelten. Für die Vorträge konnten kompetente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewonnen werden, die durch ihre fachliche Beschäftigung mit diesen Denkerinnen und Denkern ausgewiesen sind. Der Bogen der Denkerinnen und Denker, die vorgestellt werden, spannt sich von der Antike bis in die Gegenwart, von Europa bis nach Lateinamerika, von der Theologie bis zur Literatur.
Die Vorlesungen werden als online-Vorlesungen durchgeführt, die über den YouTube-Kanal der Fakultät entweder jeden Montag um 18.00 Uhr im Live-Stream verfolgt oder in der Mediathek abgerufen werden können.
Zur Geschichte der Montagsakademie
Die Montagsakademie ist eine öffentliche Vorlesungsreihe der Theologischen Fakultät Paderborn und ging aus der im Wintersemester 1994/1995 ins Leben gerufenen Seniorenakademie hervor. Als lebendiges Forum konzipiert stellen sich renommierte Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Kirche in jedem Wintersemester einem ausgewählten Thema oder einer aktuellen Fragestellung der Zeit, treten in einen Dialog miteinander und mit dem Publikum ein und versuchen, aus ihrer Expertise heraus Probleme zu analysieren bzw. Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Die Vorträge werden jährlich als wissenschaftliche Publikation herausgegeben. Die Montagsakademie findet seit 2007/2008 in jedem Wintersemester immer montags um 18.00 Uhr im Auditorium Maximum (Klingelgasse/Ecke Liboristraße) der Theologischen Fakultät Paderborn statt. Coronabedingt ist sie seit dem letzten Wintersemester als Online-Vorlesung veranstaltet worden.

Prof. Dr. Herbert Haslinger

Programm 2021/2022
18. Oktober 2021
Egeria (2. Hälfte 4. Jh.)
„Ich bin nämlich ziemlich neugierig“ – Eine antike Pilgerin und die Orte der Bibel
Dr. Georg Röwekamp, Jerusalem / Tabgha
25. Oktober 2021
Augustinus (354-430)
Ein spätantiker Denker unterwegs in einer Zeit des Umbruchs
Prof. Dr. Karla Pollmann, Bristol
8. November 2021
Makrina die Jüngere (327-379)
Hoffnung auf die Auferstehung: Frau Weisheit als Lehrerin der wahren Philosophie
Sr. Dr. Makrina Finlay OSB, Dinklage, Abtei St. Scholastika
15. November 2021
Albert der Große (~ 1200-1280)
„Sie verhalten sich wie wilde Tiere, die das mit Blasphemien überziehen, was sie nicht kennen“ – Zum Verhältnis von Philosophie und Glaube
Prof. Dr. Hannes Möhle, Bonn
22. November 2021
Nikolaus von Kues (1401-1464)
„Una religio in rituum varietate“ – Eine berühmte Formel und ihre Bedeutung für die Gegenwart
Prof. Dr. Walter A. Euler, Trier
29. November 2021
Juana Inés de la Cruz (1648-1695)
Vom Höhenflug des Verstandes („el vuelo intelectual“)
Dr. Annegret Langenhorst, Wendelstein
06. Dezember 2021
Hildegard von Bingen (1098-1179)
Wer an die Menschwerdung glaubt, bejaht sich selbst – Ein inkarnatorisches Menschenbild
Sr. Dr. Maura Zátonyi OSB, Eibingen, Abtei St. Hildegard
13. Dezember 2021
Ignaz von Döllinger (1799-1890)
Antiultramontanismus und Widerspruch gegen die Papstdogmen
Prof. Dr. Franz Xaver Bischof, München
20. Dezember 2021
Selma Lagerlöf (1858-1940) und Franz Werfel (1890-1945)
„Auch Gottes Leben heißt Mitteilung“ – Nachdenken über den mitgeteilten Jesus von Nazareth
Prof. Dr. Peter Schallenberg, Paderborn
10. Januar 2022
Jürgen Habermas (*1929)
Religion als „Stachel im Fleisch der Moderne" – christlicher Glaube in der säkularen Welt
Prof. Dr. Dr. Bernd Irlenborn, Paderborn
17. Januar 2022
Simone Weil (1909-1943)
Schönheit und Unglück als Wegspuren der Gottesliebe
Dr. Elisabeth Thérèse Winter, Augsburg
24. Januar 2022
Marie-Dominique Chenu (1895-1990)
Contemplatio und actio als christlich-säkulare Denkwerkzeuge
Prof. Dr. Michael Quisinsky, Freiburg i.Br.
31. Januar 2022
Emmanuel Levinas (1906-1995)
Extremer Humanismus Gottes
Prof. Dr. Susanne Sandherr, München