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Montagsakademie

Wozu noch Kirche? − Eine Relevanzprüfung

Montagsakademie im Wintersemester 2025/2026

Im Jahr 1995 veröffentlichte der Soziologe und Theologe Reimer Gronemeyer ein Buch unter dem Titel „Wozu noch Kirche?“. Darin stellte er die Diagnose:

„Nach 2000 Jahren christlicher Verkündigung stehen die Volkskirchen, selbstvergessen und erschöpft, auf den Ruinen ihrer alten Macht. Stumm vor den Herausforderungen der High-Tech-Gesellschaft, haben sie sich selbst überflüssig gemacht. … Dieser Trend dürfte unumkehrbar sein, trotz oder gerade wegen aller krampfhaft-missratenen Rettungsversuche“.

Die Frage „wozu noch Kirche?“ rumort also schon länger im kollektiven Bewusstsein unserer Gesellschaft. Gleichwohl, Gronemeyers Buch hat in Theologie und Kirche wenig Widerhall gefunden. Vielleicht wähnten sich die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland zu sicher, als dass sie sich dieser Frage mit der nötigen Bereitschaft zur Selbstkritik stellten. In Konkordaten festgehaltene Bestandsgarantien, ein nie versiegender Finanzzufluss in Form der Kirchensteuer und anderer staatlicher Finanzierungen, verbürgtes Recht der Kirchen auf Präsenz im gesellschaftlichen Leben (Schulen, Hochschulen, Krankenhäuser, Militär, Medien), Bedeutung der Kirchen als Träger von Wohlfahrtsverbänden – all das und anderes mehr ließ offensichtlich über lange Zeit hinweg den institutionellen Bestand der Kirche als ungefährdet erscheinen.

Nunmehr im Jahr 2025, nach den erratischen Pontifikaten der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI., nach diversen Finanz- und Luxusskandalen in der Kirche, nach rapide rückläufigen Werten bei allen Parametern der Kirchenbindung, nachdem insbesondere der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland die soziologisch wichtige 50 %-Marke unterschritten und somit den Minderheitenstatus erreicht hat, nach unzähligen Prozessen der Installierung neuer pastoraler Strukturen, die allen Beteuerungen zum Trotz von den Menschen als Rückzug der Kirche aus seelsorglichen Aufgaben erfahren werden, vor allem aber nach dem durch die Fälle sexuellen Missbrauchs verursachten grundstürzenden Vertrauenseinbruch – nach all diesen Prozessen der Paralysierung herrscht November-Stimmung in der Kirche; es ist grau, trist und nebelig geworden. Sich weiterhin mit dem überkommenen Repertoire theologischer Themen zu beschäftigen oder gar enthusiastisch Begeisterung für die Kirche zu propagieren, ohne sich offen und realistisch mit dieser prekären Lage der Kirche auseinanderzusetzen, müsste als das berühmte „Pfeifen im Walde“ erscheinen.

Die Theologische Fakultät Paderborn stellt sich mit ihrer Vorlesungsreihe „Montagsakademie“ im Wintersemester 2025/26 der Frage, wozu wir die Kirche noch brauchen – und wozu nicht mehr. Sie unterzieht die Kirche einer Relevanzprüfung. Die Vorgabe an die Referentinnen und Referenten lautete, in Hinblick auf ihr jeweiliges Thema diese Frage wirklich offen und konsequent bis hin zur eventuellen Irrelevanzanzeige zu behandeln – und nicht als rhetorische Frage, die nur zum Anlass genommen würde, mit umso größerer Emphase die Wichtigkeit der Kirche zu deklarieren. Ich darf Sie zu den Vorlesungen herzlich einladen.

Prof. Dr. Herbert Haslinger

© Exzellenzcluster „Religion und Politik“

20. Oktober 2025

Im ersten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. em. Dr. Dr. h.c. Karl Gabriel mit dem Thema:
Zur Lage der Kirche in Deutschland. Christentumssoziologische Befunde und Analysen
© Privat

27. Oktober 2025

Im zweiten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Dr. Christiane Bundschuh-Schramm mit dem Thema:
Welche Kirche braucht eine persönliche Spiritualität? Von der Nützlichkeit kirchlicher Organisation für das religiöse Leben

3. November 2025

Im dritten Vortrag der Vorlesungsreihe sprechen Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz und Dr. Daniel Deckers zum Thema:
Wozu brauchen wir noch die Kirche – und wozu nicht mehr? Ein Dialog

10. November 2025

Im vierten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich apl. Prof. Dr. Hermann-Josef Große Kracht mit dem Thema:
„‚Die Welt‘ braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion…“
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17. November 2025

Im fünften Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. Dr. Peter Schallenberg mit dem Thema:
Jesus Christus verkündete das Reich Gottes, und gekommen ist die katholische Sexualmoral. Die Orientierungsrelevanz der Kirche in Sachen Sexualität

24. November 2025

Im sechsten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. em. Dr. Hans-Joachim Höhn mit dem Thema:
Gemeinde: Fremde Heimat? Die soziale Antreffbarkeit der Kirche

1. Dezember 2025

Im siebten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. Dr. Jan Woppowa mit dem Thema:
Die „Res mixta“ und ihre gegenwärtige Dynamik. Zur Rolle und Relevanz der Kirche im schulischen Religionsunterricht

8. Dezember 2025

Im achten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich P. Dr. Philipp Reichling OPraem mit dem Thema:
„Darüber wollen wir dich ein andermal hören“ – oder auch nicht. Braucht es heute noch (kirchliche) Verkündigung?
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15. Dezember 2025

Im neunten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. Dr. Stephan Wahle mit dem Thema:
Heilige Momente. Von der Resonanz alltäglicher Rituale und der Relevanz kirchlicher Liturgie
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5. Januar 2026

Im zehnten Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. Dr. Christoph Jacobs mit dem Thema:
Wozu Priester? – Dazu Priester!

12. Januar 2026

Im elften Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Dipl.-Theol. Brunhilde Leyener mit dem Thema:
Ehe und Familie im Schatten des Kirchturms – ein Ort mit Aufenthaltsqualität?
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19. Januar 2026

Im zwölften Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. Dr. Jonas Hagedorn mit dem Thema:
Öffentliche Religion und Kirche. Eine sozialethische Perspektive
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26. Januar 2026

Im 13. Vortrag der Vorlesungsreihe befasst sich Prof. Dr. Herbert Haslinger mit dem Thema:
Rückkehr in die Seelsorge. Wider die selbstverschuldete Irrelevanz der Kirche

Zur Geschichte der Montagsakademie

Die Montagsakademie ist eine öffentliche Vorlesungsreihe der Theologischen Fakultät Paderborn und ging aus der im Wintersemester 1994/1995 ins Leben gerufenen Seniorenakademie hervor. Als lebendiges Forum konzipiert stellen sich renommierte Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Kirche in jedem Wintersemester einem ausgewählten Thema oder einer aktuellen Fragestellung der Zeit, treten in einen Dialog miteinander und mit dem Publikum ein und versuchen, aus ihrer Expertise heraus Probleme zu analysieren bzw. Zukunftsperspektiven zu entwickeln.

Die Vorträge werden jährlich als wissenschaftliche Publikation herausgegeben. Sie finden in jedem Wintersemester immer montags um 18.00 Uhr statt, wechselnd als Präsenzvorlesung im Auditorium Maximum (Klingelgasse/Ecke Liboristraße) der Theologischen Fakultät Paderborn oder als Online-Vorlesung. Die Vorlesungen können jeden Montag um 18.00 Uhr im Livestream verfolgt oder später in der Mediathek abgerufen werden.

Kontakt Montagsakademie

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Prof. Dr. Herbert Haslinger

Professor | Leiter der Montagsakademie
Telefon: +49 5251 121-739

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Sachbearbeiter
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Heike Probst

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